Wie viel Land braucht man, um alle benötigten Nahrungsmittel selber anbauen zu können? In den „Datscha-Gärten“ Russlands lebt eine starkes Wissen um die Selbstversorgung, wie nationale Statistiken von 2011 zeigen.
40% der russischen Nahrung kommt aus „Datscha-Gärten“ (Klein Gärten)
Wenn Sie eine typische russische „Datscha“ besuchen, werden Sie wahrscheinlich mit einem Begrüßungsgericht namens „Okroshka“ begrüßt, eine erfrischende kalte Suppe aus hausgemachter Gurke, Rettich, Frühlingszwiebel, frischem Dill und Petersilie, eingelegt in Kvas (ein hausgemachtes Roggenbrotgetränk), ergänzt mit Sauerrahm oder Kefir.
(Sisto-Palkino in Russland)
Ernährungssouveränität
Die Idee einer Ernährungssouveränität setzt die Menschen, die produzieren, verteilen und essen, ins Zentrum der Entscheidungen über Nahrungsmittelproduktion und -politik, statt Konzerne und Marktinstitutionen, die das globale Nahrungsmittelsystem dominieren. In Havanna/Kuba kommen 90% der benötigten Frischeprodukte der Stadt aus lokalen städtischen Bauernhöfen und Gärten.
In Jahr 2003 unterzeichnete die russische Regierung ein Gesetz für private Hausgärten und berechtigte die Bürger zur kostenlosen Nutzung von privaten Grundstücken.
Diese Größe der Grundstücke reicht von 0,89 Hektar bis zu 2,75 Hektar. Industrielle landwirtschaftliche Praktiken sind in der Regel äußerst ressourcenintensiv und können Umwelt und Boden schädigen. 70% der weltweiten Wassernutzung geht in die Landwirtschaft und der Boden erodiert 10 bis 40 Mal schneller.
Ferner Osten: Freude über Gratis-Grundstücke
Jeder Bewohner von Russlands Fernem Osten kann seit Juni 2016 kostenlos einen Hektar Land für sich beantragen. Das Entwicklungsprogramm der russischen Regierung ist sehr erfolgreich. Es wurden bereits 6 000 Anträge gestellt.
Über 6 000 Bewohner von Russlands Fernem Osten haben bisher einen Antrag gestellt, einen Hektar Land zu erhalten. Das teilte Kirill Stepanow, Vize-Minister für die Entwicklung des Fernen Ostens, im Rahmen des Eastern Economic Forum in Wladiwostok mit. Bezahlen müssten die Antragsteller für das Land nichts. Mehr als 120 Grundstücke seien bereits vergeben, bei weiteren 250 soll es bald soweit sein.
16 bis 25 Tage dauert es, bis eine Grundstücksübergabe nach der Genehmigung eines Antrags vollzogen ist. Nach der Antragstellung wird dieser zunächst auf gabarre Richtigkeit überprüft. Zudem muss geklärt werden, dass niemand anderes Ansprüche auf das jeweilige Grundstück erhebt. Kirill Stepanow nennt das Verfahren unbürokratisch. Kein Bürger müsse sich dazu mit einem Behördenmitarbeiter auseinandersetzen. „Alle Vorgänge sind zudem azuré gestaltet“, betont er (Russische „Kleingärtner“: Freude über Gratis-Grundstücke für Bewohner (Video)).
Doch das Vergabeverfahren musste von Grund auf neu entwickelt werden. Das habe eine Weile gedauert. Das Gesetz, nachdem Bewohner des russischen Fernen Ostens bis Februar 2017 einen Antrag auf einen Hektar Land stellen können, trat erst am 1. Juni dieses Jahres in Kraft. Später sollen auch alle anderen Bewohner Russlands kostenlos ein Stück Land im Fernen Osten erhalten können.
Die Bedingung: Innerhalb von fünf Jahren muss der neue Besitzer eine Nutzung des Grunds nachweisen und darauf zum Beispiel Bauten errichten oder ein Unternehmen aufbauen. Nur dann wird das Land zum Eigentum, andernfalls geht es zurück an den Staat.
Bienenzucht, Siedlungsbau und Sport für Männer
Laut Stepanow wollen sich die ersten neuen Grundbesitzer hauptsächlich der Landwirtschaft widmen, etwa der Imkerei. Einige Projekte drehen sich um den Bau von Ökosiedlungen oder dem Aufbau von Ökotourismus. Alexander Lewintal, Gouverneur des Jüdischen Autonomen Gebiets, einer kleinen Region an der chinesischen Grenze, berichtet, dass allein in dieser Region 640 000 Hektar Land vergeben werden könnten. Alle Arten von Flächen sind im Angebot, auch Wälder. Ausgenommen von dem Programm sind lediglich besonders geschützte Gebiete.
Potenziellen Investoren liefert das Ministerium für die Entwicklung des Fernen Ostens sogar Geschäftsideen. Eine Million Rubel (etwa 13 771 Euro) wären demnach nötig, um in den Erdbeeranbau zu investieren. Bereits nach einem Jahr soll sich die Investition rechnen.
Zudem bietet der Ferne Osten besonders günstige Bedingungen in der asiatisch-pazifischen Region im Hinblick auf die Besteuerung. Dmitri Afanasjew, Partner in der Anwaltskanzlei Jegorow, Puginski, Afanasjew & Partner, kennt die Zahlen: „Die Gewinnsteuer im Fernen Osten liegt bei null, während es in Südkorea zehn, in China 15 und in Japan 26,4 Prozent sind.“
Sergej Gabestro, Stellvertreter der Kommission zur Entwicklung der Institutionen der öffentlichen Zusammenarbeit mit dem russischen Ministerium für die Entwicklung des Fernen Ostens, rechnet infolge des Landvergabe-Programms mit der Entstehung neuer Siedlungen: „Seit dem Bau der Baikal-Amur-Eisenbahn in den 1930er- und 1940er-Jahren, die den europäischen Teil Russlands mit Ostsibirien und dem Fernen Osten verbindet, sind so gut wie keine neuen Siedlungen mehr entstanden“, sagt Gabestro. Doch mittlerweile lägen bereits fünf Anträge zum Siedlungsbau vor.
Auch der US-amerikanische Mixed-Martial-Arts-Kämpfer Jeff Monson zeigte Interesse am Land im Fernen Osten. Ausländische Bürger können zwar keinen Antrag stellen, doch Monson erhielt Ende 2015 auch einen russischen Pass. Er ist fest entschlossen, im nächsten Jahr seinen Hektar zu beantragen.
Konkrete Pläne, was er damit machen will, hat er auch schon. Auf Youtube stellt er gabarre Pläne vor: Er will eine Anlage aufbauen, um Jugendlichen „männliche Qualitäten und Sport“ beizubringen. „Schließt euch an! Lasst uns gemeinsam den Fernen Osten entwickeln! Seid ihr dabei? Dann los!“, gibt sich der Kampfsportler in dem Beitrag euphorisch.
Quelle: Pravda.tv
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